Projektentwicklung Ideenfindung
Phase I

Im Land der verlorenen Ideen

Ein kleiner Zwischenbericht zum Stand der Dinge, auf meiner Suche nach der Story-Idee.


Orientierungslos treibend, in einem Ozean aus Einfällen und Gedankengängen, halte ich Ausschau nach einer Story-Idee. Ich bin mit einem festen Ziel vor Augen gestartet, habe mich in Ideen verloren, um zu schauen, wohin diese mich führen. Habe mich voll auf die Odyssee eingelassen, nur um von einer Welle an Möglichkeiten über Bord gespült zu werden, um schließlich irgendwo im Nirgendwo angespült zu werden. Zeit also für einen kleinen Zwischenbericht.

Ich bin ja diese Reise angetreten, um aus einem Ideen-Fragment, dass mich jetzt schon wirklich lange begleitet, einen Kurzfilm zu machen.

Was mir in dem Blogpost über die 4-W-Fragen der Story-Idee so leicht von der Hand ging, hat sich bei dem Vorhaben, aus dem Ideen-Fragment eine Story-Idee zu formulieren, als äußerst kompliziert dargestellt.

Mag daran gelegen haben, dass ich mich zu verkrampft an dem Ideen-Fragment festgeklammert habe, ich mir eine zu große Welt aufgemacht habe, schon ins Plotten abgedriftet bin; all das, ohne eine Geschichte zu haben, die ich erzählen will.

Ich habe ja schon des Öfteren erwähnt, dass ich ein visueller Mensch bin. Ideen, die ich im Kopf durchspiele, werden sofort zu Bildern oder ganzen Szenen, die sich vor meinem geistigen Auge entfalten. So kann ich mich wunderbar im Inszenieren von Situationen verlieren, woraus auch manchmal neue Ideen hervorgehen, die wiederum ihre ganz eigenen Szenen und Abläufe mit sich bringen.

Problem dabei ist, dass mir das nicht dabei hilft, eine Story und den innewohnenden Konflikt zu formulieren, mit dem sich die Hauptfigur auseinandersetzen muss. Was also tun?

In meinem Fall, einfach Schreiben. Wenn ich feststecke, versuche ich mit Schreiben meine Gedanken frei laufen zu lassen und sie zu ordnen, in der Hoffnung, irgendwo anzukommen. So habe ich mich auf ein Thema eingeschossen: Erinnerungen. Genauer, Aliens, die die Erinnerungen von Menschen zum Überleben benötigen. Lustiges Gedankenexperiment, doch auch hier … worin liegt der Konflikt der Hauptfigur? Ich hatte in dem Zurücklassen ihres Partners einen Konflikt ausgemacht, zweifle aber daran, ob das stark genug ist.

Ein zweites Gedankenexperiment war, die Aliens wegzulassen und die Menschen selbst als diejenigen zu sehen, die Erinnerungen benötigen, da sie alles konsumiert haben, was es zu konsumieren gibt, und nur noch die Erinnerungen bleiben.

War auch ein lustiger Ausflug, jedoch auch hier: worin liegt der Konflikt der Hauptfigur. Was hat sie dem Konzept entgegenzusetzen?

Ich habe geschrieben und geschrieben um meine Einfälle zu sortieren – hier für Dich nochmal zum Nachlesen, falls Du in die Wirren meiner Gedankenwelt eintauchen möchtest – bin auf neue Ideen gekommen, wieder ohne Story, habe mir Twists ausgedacht, dass unsere Hauptfigur am Ende gar nicht die ist, für die wir sie halten, sondern selbst ein Alien – ja, ich weiß – nur um am Ende nochmal in einer weiteren Wendung zu zeigen, dass unsere Heldin das Alien mit einem toten Klon von sich selbst getäuscht hat und … SAY WHAAAT?

Verwirrend, aber das passiert, wenn man einfach mal seine Gedanken laufen lässt. Macht ja auch Spaß, und wie schon öfters von mir gesagt: am kreativen Prozess gibt es kein richtig oder falsch, alles ist erlaubt. Aber bin ich dadurch mit meiner Story-Idee weitergekommen?


In Bezug auf die Story, nein, aber was mir dadurch langsam bewusst wurde ist, ich habe meine Hauptfigur immer außen vor gelassen. Habe nicht wirklich an einem starken Konflikt für sie gearbeitet, der sie zum Handeln zwingt, sondern versucht, sie immer wieder mit neuen Konzepten zu konfrontieren, in der Hoffnung, dass sich dadurch ein Konflikt offenbart. Diese Annahme war falsch. 😏

If you spend a lot of time coming up with a cool situation before you pair it with one character’s journey, then you could end up in big trouble.

Matt Bird

So sehr ich die Konzepte auch mag, sie fühlen sich zu groß für einen Kurzfilm an.

Ein guter Konflikt ist einer, der nur durch die Heldin der Story gelöst werden kann. Denn wenn jeder dazu in der Lage wäre, bräuchte es ja keinen Helden, mit dem wir mitfiebern können. Erkenntnis Nummer eins.

Auch wurde mir bewusst, dass die Konzepte nur wenig Raum für die Charaktere lassen. Laut der einschlägigen Literatur haben gute Storys Charaktere und Plots, die ohne einander nicht gedeihen können. Der Held muss die Geschehnisse beeinflussen, und die Geschehnisse müssen sich auf die Heldin auswirken. Eine Wechselbeziehung, das eine bedingt den/die andere(n). Nimmt man eines davon weg, so zerfällt auch die Story. Erkenntnis numéro deux.

Great concepts don’t make for great stories; great characters do.

Matt Bird

Also doch mit dem Charakter beginnen? Das altbekannte Henne-Ei-Problem. Für mich ergibt sich daraus, dass man Story-Idee und Charakter nicht getrennt voneinander betrachten, sondern parallel entwickeln sollte.

In einem früheren Post hatte ich mal das Beispiel von den Kindern mit magischen Fähigkeiten angeführt, und obwohl die Hauptfigur nicht ausformuliert war, hat sich dennoch ein Konflikt aufgetan, allein durch die Situation in der sie steckte. Also auch hier, die Situation bedingt die Geschehnisse, die wiederum den Konflikt hervorrufen, der sich auf die Hauptfigur auswirkt, die durch ihr Handeln wiederum die Geschehnisse … you get the idea. Ein Kreislauf aus Geben und Nehmen.

Intention and obstacle, that is what drama is. Somebody wants something, something stands in the way of getting it. […] What that character wants and the tactics the character uses to overcome the obstacles […], that’s what is going to define the character, that’s what is going to define the story.

Aaron Sorkin

Und was heißt das jetzt in Bezug auf meine Story-Idee?

Die große Erkenntnis: Ich stecke fest. 🤪

Es gibt aber einen Plan.

Ich habe viel darüber nachgedacht und auch das ein oder andere Gespräch dazu geführt, und festgestellt, dass das Ideen-Fragment nicht unbedingt der Film sein muss. Ich sollte es eher als Anstoß sehen, das mich dazu gebracht hat, endlich mit einem neuen Kurzfilm anzufangen. Das auslösende Ereignis meiner eigenen kleinen Heldenreise sozusagen.

Das heißt jetzt nicht, dass die bisherige Arbeit für’n Arsch war, oder das nichts aus dem Ideen-Fragment weiter verwendet wird. Ich habe interessante Themen für mich gefunden, mit denen ich arbeiten möchte und die ich spannend finde, in welcher Form auch immer. Alles kann nichts muss.

Ebenfalls bedeutet das auch nicht, dass jetzt alles leicht von der Hand geht – far from it – aber es lässt sich doch etwas leichter denken. Und wer weiß, vielleicht ist das bewusste Loslassen nötig, um noch freier Denken zu können. Wir werden sehen, was passiert.


Gelerntes aus diesem Post:

Hauptfigur, Konflikt und Story bedingen einander.

Bereit sein, sich von etwas zu lösen, an dem man lange hing, das einen aber nicht vorwärtsbringt.


Einen tieferen Einblick in den kreativen Prozess des Filmemachens gibt es einmal im Monat in Behind The Scenes.

Neben Updates zu meinem Film und den Neuigkeiten auf dem Blog gibt es Einblicke in Arbeitsweisen und Routinen, welche Literatur ich zurate ziehe, mit welchen Filmen ich mich zur Recherche auseinandersetze und was ich sonst noch spannendes zum Thema Filmemachen finde.

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